By Published On: 4. März 2023

„Reflexionen“ Ausstellungsbesuch und Interview mit Evi Kirchmair-Krismer

von Karin Schuler

Unser Mitglied Evi Kirchmair-Krismer stellt gemeinsam mit der Keramikerin und Glaskünstlerin Helene Keller vom 12.2. bis 11.3.2023 in der Galerie Augenblick in Tannheim ihre Arbeiten aus.

Ich besuchte zusammen mit Evi an einem strahlenden Wintertag ihre Ausstellung und habe sie dazu interviewt:

Liebe Evi, du stellst aktuell in der Galerie Augenblick in Tannheim deine Arbeiten aus. Wie bist du auf diese Galerie gekommen?
Ich habe vor 3 Jahren in Reutte zusammen mit der Malerin Daniela Pfeiffer ausgestellt. Dort lernte ich die Galeristin Veronika Kurz von Tannheim kennen, schaute mir die damalige Ausstellung dann gleich an und fing sofort Feuer, denn die Räumlichkeiten sind schon sehr beeindruckend.

Du wolltest aber einmal in anderer Konstellation ausstellen, stimmt das?
Ja genau, ich finde die Kombination Textiles und Glas/Keramik sehr spannend. Mit Helene Keller, die auch gleichzeitig meine Yogalehrerin ist und mit der ich auch schon einmal zusammen 3 Wochen Indien erleben durfte, war die ideale Partnerin für die jetzige Ausstellung.
Jede von uns zeigt Einzelwerke, aber es gibt auch eine „Ecke“, wo wir uns treffen, zum Thema Raureif. Insgesamt sind es 33 Exponate, davon einige mehrteilige.

Ich weiß, diese Frage an eine Künstlerin zu stellen, ist naiv und wird nicht so gerne gehört, aber wie lange hast du an deinen Exponaten gearbeitet?
Sobald der Ausstellungstermin fix war, also vor circa einem Jahr, habe ich begonnen. Allerdings habe ich auch bereits existierende Werke, die aber noch nie öffentlich zu sehen waren, ins Programm genommen, manchmal leicht umgearbeitet. Aber es sind auch einige ganz neue Arbeiten dabei.

Die Galerie ist ein besonders schöner Ort, kannst du uns dazu noch kurz etwas erzählen?
Ja gerne, das Gebäude steht gleich neben der Kirche und ist 300 Jahre alt. Es diente ursprünglich Kirchgängern, die von weiter her zur Messe anreisten, als Unterkunft oder Warteraum. Es gibt auch einen Extraraum, das Nonnenzimmer, wo nur geistliche Schwestern hinein durften. Die heute im Inneren sichtbaren wunderschönen Holzwände wurden komplett vom Putz befreit, die Rauheit des Holzes (hervorgerufen durch Hackspuren, noch gut zu sehen) machte es erst möglich, dass der Putz hielt. An einer Stelle der Galerie, wo sich eine komplett waagrecht ausgerichtete Galerieschiene befindet, sieht man die Schrägheit des alten Hauses ganz gut. Der Betrachter glaubt aber, die Galerieschiene sei schief, nicht der Balken.

Kommen wir zu deinen eigenen Arbeiten: Wie lange quiltest du schon?
Unglaublich, aber seit fast 30 Jahren, es begann 1995. Zuvor habe ich zwar auch immer schon viel genäht, zumeist meine eigene Kleidung. Meine Mutter war Schneiderin und hat mir viel beigebracht. Aber seit ich quilte, habe ich fast ausschließlich Quilts genäht. Und von Anfang an immer eigene Entwürfe.  Ein einziges traditionelles Muster, das ich sehr liebe, ist der Log Cabin; diesen lasse ich noch immer gerne in meine Arbeiten einfließen.

Was inspiriert dich? Was sind deine Themen?
Meine größte Inspiration finde ich in der Natur, aber auch alles, was das Leben so bringt, auch moderne Themen wie Klimawandel oder Energiekrise sind mir wichtig.

Welche Farben verwendest du?
Farben- und Farbzusammenstellungen sind meine Leidenschaft. Nach wie vor verwende ich gerne Schwarz, da die anderen Farben dadurch erst richtig zur Geltung kommen und sichtbar werden. Es ist wie im Leben: ohne die negativen/düsteren Dinge kämen die positiven/hellen Dinge gar nicht so zur Geltung. Warum werden in den Medien zumeist nur schlechte Nachrichten gebracht? Es würde so viel Gutes geben, über das sie berichten könnten!

Kannst du uns zu deiner Arbeitsweise ein bisschen erzählen?
Ich mag, dass es lange dauert, dass ich vieles hineinfließen lassen kann. Für mich ist es spannend, dass ich etwas wegschneiden, wieder dazunehmen kann, usw. Am Ende kommt etwas ganz Anderes heraus, als man ursprünglich wollte, viele neue Gedanken und Empfindungen sind enthalten. Am Anfang habe ich sehr wenige Eckdaten, z.B. nur das Thema und die ungefähre Größe. Alles andere entsteht nach und nach. Ich bin ein eher ungeduldiger Mensch, aber durch die Möglichkeit, immer wieder etwas zu verändern, wird es nie langweilig und bleibt immer spannend und ich kann lange dranbleiben.

Wie lang dauert üblicherweise eine „Session“, wo du durchgehend arbeitest?
An der Maschine sitze ich meistens so lange, bis sie den Geist aufgibt 😊: nach ca. 3 Stunden hab ich sie so überfordert, dass sie nicht mehr mag. Am nächsten Morgen, wenn sie ausgeruht ist, geht sie dann meistens wieder. Wenn nicht, hab ich mir auch schon mal die 70 Jahre alte Bernina meiner Schwägerin (ursprünglich war das die Maschine meiner Mutter) ausleihen müssen, die nach wie vor noch gigantisch funktioniert.

Zu deinen Stoffen und Techniken?
Bei mir gibt es keine fertig gekauften Stoffe, d.h. lediglich weiße und naturfärbige, die ich dann selbst färbe und mit Siebdruck oder Jellyprint bedrucke. Ich liebe es zu experimentieren! Wenn ich Weiterbildungen besuche, dann am liebsten solche, wo Techniken gelehrt werden, die ich dann selber verfeinern kann. Ich mag nicht ganz genau etwas nach Vorschrift nachmachen, sondern mir ist wichtig, etwas aus mir selbst entstehen zu lassen. Ich gehe gerne in Ausstellungen, um zu sehen, dass es Ähnliches, wie ich mache, noch nicht gibt.

Vielen Dank für das Gespräch! Deine Quilts sind etwas ganz Besonderes und ich gratuliere dir zu dieser Ausstellung. Danke für die persönliche Führung und den feinen Tag im verschneiten Tannheimer Tal.

Hier einige Bilder von der beeindruckenden Ausstellung. Auch unsere Obfrau Andrea Neuner und Kursreferentin Karin Kloger besuchten an diesem Tag die Ausstellung in Tannheim und teilten meine Begeisterung.

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